Sonntag, 26. Februar 2012

Sommersehnsucht



Für Philipp

Geblendet von der Sonne kneife ich meine Augen zu, schiebe meine 60ger Jahre Sonnenbrille auf meine Nase und strecke sie in den Wind. Zu Johnny B Good fahre ich mit meinem Lieblings Onkel auf der Via Aurelia in einem roten Cabriolet gen Süden.
Als wir das Meer vor uns sehen hört man ein nahes Grollen und bevor wir uns versehen, prasselt ein warmer Sommerregen auf die heisse Erde, in Sekundenschnelle sind wir durchnässt. Unbeirrt fahren wir weiter, erreichen das azurblaue Meer, öffnen die roten Wagentüren, streifen im Rennen unsere Kleidung ab, unter der wir Badesachen tragen. Im nächsten Moment tauchen wir schon ein ins kühle Nass und lachen, bis uns der Atem aus geht.

Donnerstag, 23. Februar 2012

Ein fünfhebiger Jambus ohne Reim

„Ein fünfhebiger Jambus ohne Reim“, Josephine betrachtete ein zerknülltes Papier an dessen Enden zarte Teeflecken zu erkennen waren. Sie griff nach ihrer alten Ledertasche und nachdem sie sich eine Blume ins Haar gesteckt hatte wandte sie sich zum gehen. In Gedanken liess sie die letzten Stunden Revue passieren.
Kronleuchter erhellen den Raum, die Dunkelheit an den Seiten lässt das Publikum verblassen und zögernd tritt Josephine vor. Das zerknüllte Fitzelchen Papier in ihrer Hosentasche ist in diesem Moment das einzig Sichere an ihr und erleichtert öffnet sie es und streicht die Ecken glatt. Wie von selbst erhebt sich ihre Stimme und schwebt durch den Raum, jedem Zuhörer direkt ins Ohr.
Die Ersten erheben sich, lauschen jedoch weiterhin andächtig der jungen Stimme, die so viel von Leid, Tragik und Irrwegen erzählt. Vom Tod und den Gefühlen der Hinterbliebenen. Einige tupfen sich die Augen trocken und eine Hand fasst Josephine an der Schulter und zieht sie zu sich hinüber.

Die Tage streichen vorbei, sie schläft, sie isst, sie schläft, sie isst, sie schaut fern. In Abwechslung dazu schaut sie stundenlang aus dem Fenster und krault den abgenutzten blauen Pijama.
Mit der Zeit rieselten immer öfters Schneeflocken am Fenster vorbei.
Ein weisser Fleck ziert das Fenster und Josephine schreckt hoch, der Pijama rutscht auf den Boden und wird bedeckt mit Staubflocken. Sie öffnet genervt das Fenster und eine Einladung aus festgetretenem Schnee blitzt sie an. „Café zum roten Engel-vier Uhr“, ein Funken Freude durchbricht ihre Apathie und ein Teil Trauer wird beiseite geschoben.
An einem Tischchen sieht man eine junge aufgeregte Frau sitzen, der Mann gegenüber beugt sich vor und während er Blume aus ihrem Haar zieht, schüttet er versehentlich den Tee um.

Donnerstag, 9. Februar 2012

Im a Highwayman!

Singe ich mit Hoffmaestro und denke an mein Highwayman Leben, das ich ab und zu führe.
Wenn ich nämlich am morgen neben einer Verveine Fille aufwache, mich zuerst fragen muss, wie ich dahin gekommen bin und mich dann als kleiner Schmarotzer bei ihr einniste. Irgendwann verschwinde ich dann wieder, lasse mich von anderen Menschen zum Mittagessen einladen und fühle mich wie ein Highwayman. Nur bin ich eine Frau und reise nicht auf der Autobahn, sondern mit dem Zug.
Bald wird aber meine Sehnsucht nach Kaffee, Getratsche, Lachen und erogenen Ohren (à la Intouchable, einen Film, den man mindestens zweimal im Kino gesehen haben muss!) so gross, dass ich mich wieder auf den Weg mache, bei Verveine Fille einzukehren. Den Weg kenne ich mittlerweile im Schlaf.
Nachdem wir uns beide mit Kuchen, Schokolade und Kaffee vollgestopft haben, verschwinde ich auf leisen Solen wieder, setze meinen Weg als Highwayman fort, setze mich ins Drämmli und fahre zu meinem Geliebten.




Montag, 6. Februar 2012

Von Milou

Draussen schneit es, schon seit Silvester. Dichte, wattige Flocken.
Ich sitze schon den ganzen Nachmittag untätig in meinem Zimmer herum, vorallem auf dem hölzernen Brett vor dem Fenster, den Kopf an die kühle Scheibe gelehnt, die Strasse beobachtend. Ab und zu leistet mir mein dicker Kater Gesellschaft, streicht mir um die Beine und miaut fordernd. Meistens hat er Hunger.

In meinem Bauch hat sich eine Kröte eingenistet, die tonnenschwer zu sein scheint.
„Steh auf, unternimm etwas, räum dein Zimmer auf! Ach nein, du bist ja genauso träge wie ich…“, spottet sie und lacht höhnisch.

Ich versuche, ihr das Gegenteil zu beweisen, scheitere jedoch bei jedem Versuch, etwas Anständiges zu tun und lande schlussendlich jedes Mal wieder vor meinem kühlen, beruhigenden Fenster.